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Medienarbeit in Moscheen

Ein Gastbeitrag von Mona Kheir El Din

Sicherlich bedarf die Medienarbeit mit muslimischen Kindern und Jugendlichen keine besonderen Vorkehrungen jenseits der üblichen Vorbereitungen für die Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen im Allgemeinen. Für die Arbeit mit allen Kindern ist die Nutzung des vorurteilsbewussten Ansatzes von Vorteil (siehe Artikel Vielfalt als Stärke der Gesellschaft – vorurteilsbewusste (medien-)pädagogische Arbeit).

Moscheen als Orte der (kulturellen) Bildung

Die Frage, die sich stellt, ist jedoch, wo wir muslimische Kinder und Jugendliche erreichen können und wo überhaupt außerschulische Medienarbeit stattfinden sollte / kann. Einer dieser Orte können Moscheen im Stadtteil sein. Sie bieten vielen muslimischen Familien eine vertraute Gemeinschaft, die sich auch auf den Umgang mit alltagspraktischen Fragen der Integration auswirkt. Auch in Bezug auf (Medien-) Bildungsfragen sind diese Organisationen eine wichtige Anlaufstelle. Seit 2014 führt die Fachstelle für interkulturelle Bildung und Beratung – FiBB e.V. Medienprojekte unter der Bezeichnung „Meine Religion in Text, Bild und Ton“ in einer großen Bonner Moschee durch. Diese Moschee wurde explizit ausgesucht, weil:

  • über 1000 Familien die Moschee besuchen. Viele dieser Kinder und Jugendliche sind nicht über die reguläre offene Jugendarbeit erreichbar. Kirchliche Jugendarbeit wird von diesen Familien aus Angst vor Indoktrination gemieden, städtische Jugendarbeit hat häufig bei ihnen einen negativen Ruf.
  • die Moschee neu erbaut wurde und wie viele Moschee-Neubauten Räume bereitstellt, die für Bildungsarbeit vorgehalten werden.
  • Moscheen als Orte der (kulturellen) Bildung anerkannt werden müssen, um ihnen und den muslimischen Familien echte (kulturelle) Teilhabe, d.h. Inklusion, zu ermöglichen

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Moscheevereine in Deutschland sehen ihre Aufgabe in erster Linie in der religiösen Erziehung, um den Mangel an schulischen Alternativangeboten auszugleichen. Da sich zurzeit in Moscheen jedoch ein Generationenwechsel vollzieht, der mehr Offenheit und Neugier auf neue Kooperationen und Arbeitsfelder mit sich bringt, stehen die Chancen gut, interessierte und aktive Partner zu finden, mit denen neue bildungsfördernde Wege entwickelt werden können. Für ein erstes Kennenlernen und eine erste Kooperation macht es Sinn, muslimische Mitarbeiter_innen vorzuhalten. Möglich ist auch die Einbeziehung von Multiplikatoren aus der Moschee als aktive Partner im Projekt. FiBB e.V. hat muslimische Mitarbeiter, die sie für ihr Projekt an der Moschee einsetzt. Darüber hinaus bezieht FiBB e.V. eine Honorarkraft ein, die in der Moschee religiöse Kinderkurse anbietet.

Interkulturelle Sensibilität

Mit Moscheen Kontakt aufzunehmen ist für Nicht-Muslime nicht einfach, da viele Aktivitäten in den Moscheen auf persönlichen Kontakten basieren. Zunächst ist es notwendig herauszufinden, wer der Vorstand des Moscheevereines ist und ob es dort eine Frauenbeauftragte gibt, die häufig für Bildungsfragen zuständig ist. Migrantenselbstorganisationen, Integrationsbeauftragte oder muslimische Mitarbeiter_innen können helfen, diese Informationen herauszufinden. Diesen Ansprechpartner_innen sollte man das (medien-) pädagogische Angebot mit seinen Inhalten und Zielen vorstellen und gemeinsam mit den Ansprechpartner_innen entscheiden, wie es am besten in die Moschee passt. Offenheit und Flexibilität gegenüber Vorschlägen der Moscheevertreter ist hier gefragt. Jugendarbeit wird in manchen Moscheen geschlechtsübergreifend angeboten, in anderen Moscheen aber nach Geschlechtern getrennt. Das heißt, dass männliche Medienpädagogen „nur“ Veranstaltungen mit männlichen Jugendlichen durchführen können, und umgekehrt. Dies muss kein Nachteil sein, denn reine Jungen- und Mädchengruppen können besser besucht sein als gemischtgeschlechtliche Gruppen. Bei Veranstaltungszeiten sind sowohl Gebetszeiten als auch muslimische Feiertage zu berücksichtigen. Unter www.gebetszeiten.de und koordinationsrat.de kann man beides herausfinden. Die Moscheen geben natürlich ebenso Auskunft. Sicherlich sind sehr viele Kinder und Jugendliche freitags in der Moschee, jedoch werden an diesem Wochentag in vielen Moscheen auch viele weitere religiöse Angebote vor und nach dem Gebet angeboten. Ob eine Mediengruppe als paralleles Angebot passend oder unpassend ist, können nur die Verantwortlichen der jeweiligen Moschee beantworten.

(Inter-)religiöse Inhalte

Inhaltlich bietet das Projekt der FiBB e.V. eine Auseinandersetzung mit der eigenen religiösen Identität an und verbindet diese mit einem interreligiösen Element. Das Projekt „Meine Religion in Text, Bild und Ton“ ermöglicht es Kindern, „ihre“ Religion medial in einem anderen Licht darzustellen, als in den Medien üblich. Das Projekt gibt ihnen auch die Gelegenheit, sich mit anderen Religionen auseinanderzusetzen, aus der „sicheren Position“ eines muslimischen Ortes. Für manche Eltern ist dies die einzige Möglichkeit, ihre Kinder medial und interreligiös zu bilden, ohne sich Sorgen machen zu müssen. Beispielhafte Themen für eine interreligiöse und mediale Arbeit mit Kindern sind:

  • Feste der verschiedenen Religionen,
  • Symbole und Gegenstände in unterschiedlichen Gotteshäusern,
  • Bedeutung von Propheten in den Religionen oder
  • Gebetsformen von Religionen

Aber auch identitätsstiftende Inhalte und Projekte, die auf ein Empowerment der teilnehmenden Kinder und Jugendliche abzielen, sind angebracht, da viele der Kinder diskriminierende oder ambivalente Erfahrungen in ihrem Alltag machen müssen. Dies sehen viele Moscheevertreter ebenso.

Medieneinsatz

Da das Projekt der FiBB e.V. jeweils ein halbes Jahr läuft, bietet es die Möglichkeit mehrere Medien einzusetzen. Diese können genutzt werden, um eine umfassende Dokumentation zu erstellen, in der die Kinder religiöse Eindrücke aus Plenums- und Gruppenarbeit sowie in Kontakt mit anderen Religionen (Gotteshäuser, Theologen, etc.) darstellen können.Diese Dokumentation besteht aus Plakaten mit Texten und Zeichnungen, aus Fotos, aus Tonaufnahmen und aus kurzen Filmaufnahmen. In muslimischen Communities und besonders in Moscheen ist es ratsam, auf das Bilderverbot im Islam zu achten. Es wird sehr unterschiedlich von den muslimischen Familien gehandhabt. Viele betrachten das Bilderverbot nur in Verbindung mit dem Abbild des Propheten Mohammed. Es ist wichtig, dies zu Beginn anzusprechen, die Meinung der Eltern der teilnehmenden Kinder abzufragen und Alternativen anzubieten. Wenn alle erarbeiteten Materialien zum Ende des Projektes in Form von Trickfilm, Präsentation und Fotoausstellungen den Familien, den Moscheeverantwortlichen und den im Projekt involvierten in einer Abschlussveranstaltung vorgestellt werden, kann ein Vertrauensverhältnis zur Moschee aufgebaut werden. Dies bildet eine gute Basis für weitere Medienprojekte im Bildungsort Moschee.

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