Teilnehmende des Camp Nimm!-Barcamps

Camp Nimm! +++ Session-Doku 1

André Weßel: Spielen verbindet – Inklusive Medienbildung

In den Session-Doku-Beiträgen kann man die Camp-Nimm-Sessions nachlesen. Den Anfang macht die Session von André Weßel „Spielen verbindet – Inklusive Medienbildung“. André Weßel arbeitet im Projekt Spielraum der TH Köln und ist interessiert an Projektpartnern für ein mögliches Projekt rund Games und Inklusion.

Sessionhintergrund

Games sind relevant für alle Altersgruppen – nicht nur für Kinder und Jugendliche, nicht nur für Jungen, unabhängig von Bildungsgrad, Behinderung, Sprache, Herkunft. André Weßel betont das große Bildungspotenzial bzw. den informellen Kompetenzerwerb, das bzw. der sich aus dem interaktiven Charakter eines Spiels ergibt und aus dem Bestreben zu gewinnen: Spieler müssen bestimmte Dinge lernen (z. B. Regeln) und interagieren, um voranzukommen. Clans und Gilden in Online-Rollenspielen, aber auch eSportarten ermöglichen teilzuhaben und Anerkennung zu gewinnen in Gemeinschaften, ohne dass z. B. eine Behinderung bei der Beurteilung einer Person sofort im Vordergrund steht. Gleichzeitig sind längst nicht alle Spiele für alle Gamer zugänglich, d. h. es finden auch in diesem Bereich Ausschließungsprozesse statt: Stichwort digital divide. Ob ein Spiel zugänglich ist, ist abhängig vom Hersteller, aber auch von der Behinderungsart: Für hörbehinderte Gamer sind z. B. Untertitel wichtig. Für Menschen mit motorischen Einschränkungen ist es wichtig, dass man die Steuerung an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann, z. B. durch eine individuelle Tastaturbelegung. Das ist aber längst nicht bei jedem Spiel möglich.

Sessionmotivation

Die TH Köln ist auf der Suche nach Projektpartnern, z. B. Praxiseinrichtungen der Behindertenhilfe, für ein mögliches zukünftiges Projekt im Bereich der inklusiven Medienbildung mit digitalen Spielen. Projektidee: Teilhabe fördern durch digitale Spiele. Menschen den Zugang zu digitalen Spielen ermöglichen, die bislang keinen Zugang dazu haben. Menschen über digitale Spiele erreichen und ihnen darüber einen Zugang zu digitalen Medien ermöglichen und ihre Medienkompetenz zu fördern. Zielgruppe können nicht nur Menschen mit Behinderung sein, sondern auch Geflüchtete oder der Bereich der Stationären Jugendhilfe. Aktuell gibt es relativ wenig belastbare Erkenntnisse über das Thema Gaming und Behinderung. Studien über die Mediennutzung von Menschen mit Behinderung (z. B. von Aktion Mensch) fragen zwar nach dem TV-Verhalten, aber nicht nach der Nutzung von Computerspielen. Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, spielen laut persönlichen Eindrücken von André Weßel eher nicht. Wie kann man diese Zielgruppe erreichen?

Fragen und Erkenntnisse

Game Accessibility

Adriani Botez betont, dass Computerspiele sehr bildend für blinde Menschen sein können, da damit ihre Vorstellungskraft trainiert wird und sie dadurch lernen können, wie Dinge zusammenhängen (z. B. Puzzle- oder Strategie-Spiele). Blinde Menschen können z. B. Audio-Games nutzen – Spiele, die über das Gehör funktionieren. Vision 1: Auch Mainstream-Spiele mit Sprachausgabe herausbringen, so dass sie über das Gehör spielbar sind (z. B. GTA). Herstellern müsste dafür der Markt aufgezeigt werden. Vision 2: Audio-only-Games (z. B. Egoshooter Swamp) mit Grafik herausbringen, um so gemeinsam mit Sehenden spielen (und sich mit ihnen messen!) können.

Erfahrungen mit digitalen Spielen in medienpädagogischen Projekten

barrierefrei kommunizieren! in Bonn setzen Spiele in der medienpädagogischen Arbeit ein, weil sie Kinder und Jugendlichen grundsätzlich faszinieren und sich über Spiele auch andere Themen verhandeln lassen, wie z. B. unterscheiden können, was Werbung ist und was nicht. Welche Spiele geeignet sind, ist natürlich abhängig von der Art der Behinderung: Kinder mit motorischen Problemen haben teilweise Schwierigkeiten mit Minecraft, Kinder mit Lernbehinderungen sind oft schnell frustriert, weil Spiele zu schwer sind.

Wenn es keine Steuerungsprobleme gibt, lässt sich Minecraft aber auch gut nutzen, um trockene Schulthemen spielerisch aufzubereiten, so die Erfahrungen von einer Förderschule für Kinder mit geistigen Behinderungen.

Spiele lassen sich als „Eisbrecher“ zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung einsetzen, z. B. wenn sie erleben, dass jemand mit einer Behinderung, evtl. sogar mit Hilfsmittel, besser ist bei einem Spiel.

Spieletester-Gruppen können genutzt werden, um auch an Themen wie digitale Barrierefreiheit heranzuführen – dies ist aber eher interessant für ältere Jugendliche, für jüngere Kinder wenig.

Digitale Barrierefreiheit kann auch durch den Bau von individuellen Computerspiele-Steuerungen mit Kindern thematisiert werden, dafür eignen sich zum Beispiel MaKey-MaKey- oder Arduino-Platinen.

Erfahrungen mit digitalen Spielen in Einrichtungen der Behindertenhilfe

Meike Hein von einer Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation überlegt, wie sie einen nicht-werkstattfähigen Mann über den Einsatz digitaler Medien fördern kann. Der Mann interessiert sich für Landwirtschaftsthemen. Sie hat zunächst auf YouTube Monstertruck-Videos heruntergeladen und in Ordnern abgespeichert, um z. B. die Nutzung der Maus zu üben. Außerdem setzt sie einen Landwirtschaftssimulator ein, wobei der Mann hier sein Wissen zeigen kann. Simulationsspiele sind oft für Menschen mit Behinderungen gut bedienbar, da meist keine Reaktionszeiten nötig sind und sie über die Tastatur und mit Hilfsmitteln spielbar sind (z. B. mit einer Loch-Tastatur, die Menschen mit Tremor nutzen).

Das Team vom Spielraum Köln freut sich über Kontaktaufnahme um gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen!

E-Mail: andre.wessel@th-koeln.de

Infos