Screenshot von Skype mit virtuellem Hintergrund

Videokonferenzen & Schwerhörigkeit

Von Carola Werning/ barrierefrei kommunizieren!

Videokonferenzen werden uns mit Sicherheit noch weiter begleiten. Hör- und sehbehinderte Menschen stellt das vor neue Herausforderungen. Während für sehbehinderte und blinde Menschen die technische Barrierefreiheit des Videokonferenztools wichtig ist (Testberichte aus sehbehinderter bzw. blinder Perspektive von Domingos de Oliveira und Marco Zehe), stehen hörbehinderte Menschen vor der Frage, wie sie die akustischen Inhalte verstehen können.

Hörbehinderte Menschen hören und kommunizieren unterschiedlich!

Hörbehinderte Menschen haben sehr unterschiediche kommunikative Bedarfe: Während einige auf Gebärdensprache bzw. Gebärdensprachdolmetschung angewiesen sind oder diese bevorzugen, gibt es eine große Gruppe hörbehinderter Menschen, die keine Gebärdensprache kann. Ein Teil von ihnen kann an Videokonferenzen akustisch gut teilnehmen:

  • durch optimierte Technik (z. B.  Bluetooth-Verbindung der Hörgeräte/ CIs mit Laptop/Tablet; gute Internetverbingung, gute Headsets bzw. gut eingestellte Mikros)
  • Vereinbarung von Kommunikationsregeln (z. B. Kamera an beim Sprechen!)

Einige schwerhörige Menschen haben jedoch auch mit optimierter Technik keine Möglichkeit, Videogesprächen akustisch zu folgen. Für diese Gruppe muss das, was gesprochen wird, in schriftlichen Text umgewandelt werden, den sie dann wie einen Live-Untertitel mitlesen können. Und toll wäre natürlich, wenn das automatisch passieren würde, also durch Spracherkennung bzw. Sprache-in-Text-Umwandlung. Welche Videokonferenztools bieten diese Funktion überhaupt? Und sind diese wirklich praxistauglich? Wir haben zwei Systeme getestet.

Skype vs Google Meet

Eine Untertitelfunktion durch automatische Spracherkennung bieten aktuell (Februar 2021) nur die Systeme von Google (Google Meet) und Microsoft (Skype). Apple bietet für Facetime gegenwärtig keine vergleichbare Funktion.

Systeme wie z.B. Bigbluebutton und Webex bieten nur scheinbar eine „Untertitelfunktion“: Hier muss eine Person beauftragt werden, die das Gespräch (oder eine Zusammenfassung) mittippt, was dann als Untertitel eingeblendet wird.

Die Aktivierung der Untertitel ist bei beiden Systemen denkbar einfach:

Um selbst eine Besprechung mit Google Meet bzw. Skype zu starten bzw. andere dazu einzuladen, benötigt man einen Google- bzw. Outlook-Account – der bzw. die Gesprächspartner aber nicht unbedingt – wobei die Teilnahme an Skype-Besprechungen als Nicht-Outlook-Account-Inhaber einfacher ist, während es bei Meet manchmal problematisch sein kann.

Fazit

Für Gespräche mit größeren Gruppen bzw. in professionellen Settings wie z. B. bei Online-Workshops ist die Beauftragung von professionellen Schriftdolmetscher:innen weiterhin unverzichtbar! Zu hoch ist immer noch die Fehlerquote der automatischen Untertitel beider Systeme!

Für Gespräche zu zweit bzw. im kleinen Rahmen kann der Einsatz der automatischen Untertitelfunktion funktionieren, wenn:

  • alle Beteiligten über eine mindestens gute Internetverbindung verfügen,
  • die Sprecher:innen über eine deutliche Aussprache verfügen und ein gutes Mikro verwenden,
  • sie ihre Untertitel selbst im Auge behalten und ggf. ihre Aussagen wiederholen, wenn es zu groben Missverständnissen kommt.

Unser Favorit im Test ist Skype:

  • Die Erkennungsgenauigkeit war bei uns besser.
  • Es gibt mehr Einstellungsmöglichkeiten, so dass man die Darstellung der Untertitel anpassen kann. Sehr wichtig ist auch die Einstellung, dass alles Gesprochene übersetzt wird (nicht nur das Gesprochene der Gesprächspartner) – so fallen einem Übersetzungsfehler überhaupt auf und man kann sich ggf. korrigieren.
  • Man kann einstellen, dass man den gesamten Verlauf der Untertitel sehen kann, so kann man auch frühere Passagen noch mal nachlesen.

Der größte Vorteil bei Skype ist, dass die Spracherkennung „wartet“ bis jemand einen Satz zu Ende gesprochen hat und dann erst die schriftlichen Untertitel einblendet. Das führt zwar einerseits dazu, dass die zeitliche Verzögerung etwas größer ist,  als bei Google Meet. Google Meet übersetzt fast zeitgleich, wandelt dabei die Satzteile aber z. T. mehrmals um – das kann sehr verwirrend sein, weil man mehrfach mitlesen muss!

Mehr Infos

Ein paar Tipps für barrierefreie Videokonferenzen, 20. Mai 2020 Beatriz Gonzalez

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