Trickfilmworkshop im Mädchentreff Alten Feuerwache Köln. Von Linda Längsfeld
Was ist Vielfalt? Eine große Frage, die im Winter 2016 durch den Mädchentreff in der Alten Feuerwache in Köln schwebte und ihre kreative Beantwortung suchte. Denn in dem inklusiven und offenen Jugendtreff versammelten sich an insgesamt sechs Montagen sechs Mädchen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren, um sich gemeinsam mit zwei Medientrainerinnen im Rahmen des Projektes Nimm! on tour dem Thema „Vielfalt“ anzunehmen und es medial umzusetzen.
Dabei stand zunächst die Auseinandersetzung mit Vielfalt in all ihren Bedeutungsmöglichkeiten im Vordergrund. Die Gruppe diskutierte anhand verschiedener von den Medientrainerinnen ausgesuchter Fotos, wie Vielfalt in Erscheinung tritt. Dabei versuchten die Medientrainerinnen möglichst alle Interessen und Meinungen der sehr heterogenen Gruppe einzufangen und achteten darauf, einerseits den großen Altersunterschied der Mädchen zu überbrücken, aber auch die verschiedenen sprachlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen. So entstand eine angeregte Diskussion, die sehr wichtig war, um die Mädchen vor einer medialen Umsetzung für das Thema für zu sensibilisieren. Die Runde stellte dabei fest: Vielfalt ist bunt, Vielfalt macht Spaß, Vielfalt ist lustig und Vielfalt zahlt sich aus!
Nach diesen wichtigen Erkenntnissen begann die Gruppe die Planung ihres eigenen Medienproduktes. Bereits im Vorfeld war abgesprochen worden, dass die Mädchen zwar einen eigenen Film produzieren, aber nicht vor die Kamera wollten – in diesem Fall bietet das Format des Trickfilms eine gute Möglichkeit, das Vorhaben dennoch zu ermöglichen.
Beim Ausdenken der Story rauchten dann die Köpfe. Die Herausforderung war auch hier wieder, die unterschiedlichen Interessen und Ideen der Mädchen einzufangen und auch jene Mädchen in die Ideenfindung zu integrieren, die sich weniger trauten, ihre Vorstellungen zu äußern. Die zündende Idee brachte letztendlich ein Blick ins eigene Smartphone. „Wie wäre es denn“, sagte Katharina, eine der teilnehmenden Mädchen, „wenn wir einfach die Emojis aus Whats App die Hauptrollen in unserem Film spielen lassen?“ Und schon durchstöberten alle ihre Emoji-Sammlung und schlugen verschiedene Rollen und Handlungsstränge vor. Dieser Einfall bot für die Mädchen die große Chance, sich an einem sehr lebensweltnahen und vertrauten Inhalt zu orientieren. Die Auseinandersetzung mit den Emojis überwand sprachliche und auch kreative Hürden und kann daher als gute Möglichkeit gewertet werden, ein Brainstorming zu unterstützen. Am Ende entstand so eine Geschichte mit dem Titel „Das letzte Einhorn im Land der Vielfalt“. Darin begibt sich das letzte Einhorn auf eine Reise um die Welt, um herauszufinden, was Freundschaft bedeutet – und trifft dabei auf eine Vielzahl von Antworten.
Zur Realisierung dieser Idee bastelten und malten die Mädchen in unermüdlicher Teamarbeit die verschiedenen Tiere, die in dem Film eine Rolle spielen sollten: das Einhorn, die drei Affen – taub,stumm und blind, eine Maus und ihren besten Freund den Elefanten und viele, viele Meeresbewohner. Ausgestattet mit Tablet, der StopMotion-App und einem selbstgebastelten „Greenscreen“ aus Pappkarton erweckten die Mädchen ihre Geschichte dann Schritt für Schritt zum Leben. Der meistgesagte Satz dieser Produktionsphase? „Und noch ein kleines Stückchen weiter!“ Denn die tierischen selbstgebastelten Schauspieler wurden in winzig kleinen Gänseschritten durch die auf dem Tablet bereits sichtbaren Hintergründe gezogen, von jedem Schritt wurde ein Foto geschossen, sodass ungefähr 8-12 Bilder pro Sekunde entstanden. Bei einer späteren Filmlänge von ca. 9 Minuten ein vorstellbar langwieriger Prozess, bei dem es vor allem für die Medientrainerinnen sehr wichtig war, immer wieder dazu zu motivieren, am Ball zu bleiben. Beim Schieben und Fotoschießen wechselten sich die Mädchen ab und behielten über mehrere Treffen hinweg die Geduld, den Produktionsprozess bis zum Ende durchzuziehen.
Als die Bilder der Geschichte im Kasten waren, verliehen die Mädchen den Tieren ihre Stimmen. Das erforderte wiederum Geduld, aber auch viel Mut, denn das fehlerlose Einsprechen und Auseinandersetzen mit der eigenen Stimme und Sprache empfanden die Teilnehmerinnen als große Herausforderung. Doch die Mädchen schreckten nicht vor der Länge der Geschichte und den zahlreichen zu „synchronisierenden“ Rollen zurück, überwanden Hemmschwellen bezüglich ihrer Aussprache und Betonung und sprachen Szene für Szene ins Smartphone ein. Das Smartphone als Aufnahmegerät eignete sich für die jugendlichen Mädchen besonders gut, da es für sie einen alltäglichen Gegenstand darstellte und so vermieden wurde, dass beispielsweise ein professionelles Aufnahmegerät oder Mikrofon eine weitere Barriere neben der bereits genannten sprachlichen Hemmschwellen darstellte. So konnten am Ende im Schnittprogramm alle Stränge zusammengeführt werden: Die Bilder aus der Stop-Motion-App, die Aufnahmen der Stimmen in verschiedenen Rollen sowie die Untertitel, die nach Fertigstellung des Schnitts noch hinzugefügt wurden. Mit dem Ergebnis waren alle Mädchen und die Medientrainerinnen mehr als zufrieden. Es entstand ein anschaulicher, für jeden leicht verständlicher und überaus inklusiver Film über Vielfalt und Freundschaft!