Jugendliche bei einer Hörspielaufnahme

Fridolin, der Frosch

Ein inklusives Hörspielprojekt mit Elementen der Hörförderung von Nina Treusch

Hörspiele eignen sich sehr gut für die Inklusive Medienarbeit, da sich hier JEDER einbringen kann (z.B. durch Lautieren, Sprechen, Geräusche machen). Da ich mich selbst für Hörspiele begeistere und mir in der Weiterbildung Inklusive Medienpädagogik das Audio-Modul sehr gut gefallen hat, wollte ich mit einer inklusiven Kindergruppe (6 Kinder, davon 2 mit Beeinträchtigungen) an einer Schwerpunktschule eine Hörgeschichte unter Einsatz von Medien (Easi-Speak-Aufnahmegeräte, Schnittprogramm Audacity) erstellen. Als ausgebildete Logopädin wollte ich mit dem Projekt zugleich die auditive Wahrnehmung fördern und baute entsprechende Elemente zur Hörförderung mit ein.

Ziele

  • Die Kinder lernen mit Medien umzugehen und im Team zu arbeiten.
  • Die Kinder sollen sich mit ihren individuellen Fähigkeiten und Stärken in die Gruppe einbringen.
  • Die Kinder lernen, wie man Reales (z. B. Geräusche aus dem Alltag) mit Easi-Speak- Mikrofonen aufnehmen und zu einer Hörgeschichte verbinden kann.
  • Hör-Übungseinheiten fördern die auditive Wahrnehmung und Verarbeitung.

Ablauf

Ohne gute Vorbereitung kein Projekt: Kooperationspartner finden, Planungsgespräche mit Schulleitung und Verantwortlichen führen, Eltern informieren und Einverständniserklärungen einholen, die Kinder und ihre Bedarfe und Vorstellungen kennenlernen, die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten auf Verfügbarkeit, Größe und Akustik sowie die Technik überprüfen, Aufnahmegeräte in Medienzentren ausleihen, selbst fit werden im Umgang mit den Geräten, eine geeignete Geschichte für das Hörspiel finden…die Aufzählung zeigt, dass Medienprojekte umfassend geplant und vorbereitet werden müssen und somit einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigen, der bei der Planung unbedingt mit einkalkuliert werden muss. Gerade bei der Vorabstimmung mit allen Verantwortlichen ergeben sich häufig erzwungene Leerlaufphasen durch Terminverschiebungen, ferienbedingten Pausen etc.

Wichtig für den Erfolg eines Projekts ist auch die Motivation und Kooperation nicht nur der Projektteilnehmenden selbst, sondern aller Beteiligten: in diesem Fall der Schulleitung und der Eltern, die ihr Einverständnis zur Projektteilnahme der Kinder geben mussten sowie eines Medienzentrums, ohne dessen Aufnahmegeräte das Projekt nicht hätte durchgeführt werden können. Bei der Suche nach einem geeigneten Medienzentrum wurde deutlich, dass hierbei hohe Anforderungen an die Ausleihe der Geräte geknüpft sind oder die Ausleihe oft nur für einen bestimmten Personenkreis zugelassen ist (z.B. Lehrkräfte der entsprechenden Stadt).

Das Projekt wurde unterstützt durch zwei qualifizierte Fachkräfte, auch dies ein wesentlicher Faktor für den Erfolg inklusiver Projekte, in denen differenziert auf die Teilnehmenden eingegangen werden muss. Beide Unterstützerinnen wurden vor jeder Durchführungseinheit über den Ablauf informiert. Damit sollte gewährleistet werden, dass sie sich optimal auf die Inhalte einstimmen und dementsprechend mitarbeiten können. Weiterhin wurde im Anschluss an die Durchführung zusammen eine kurze Reflexion durchgeführt, um gute Ideen das nächste Mal umzusetzen oder Inhalte ggf. zu optimieren. Jedes Mal wurde der Raum vorab bereits fertig hergerichtet, um eine gewisse Ruhe und Struktur in den Ablauf zu bringen und den Kindern von Beginn an die volle Aufmerksamkeit schenken zu können.

Das Projekt selbst wurde über 7 Wochen (1 x/Woche) durchgeführt, die Durchführungszeit betrug 1 ½ Stunden, um die Konzentration der Kinder nicht überzustrapazieren.

In der ersten Einheit wurden die Grundlagen geklärt: Was ist ein Geräusch? Wie klingt etwas? Was ist ein Hörspiel, welche Erfahrungen haben die Teilnehmenden damit und was soll im Projekt erreicht werden? Die Einheit wurde flankiert von mehreren Übungen und Spielen zur Hörförderung: z. B. Ohrenspitzer-Übung, Geräuschekoffer (mit verbundenen Augen Geräusche erraten, z. B. Trommel oder Glocke) und Weckerspiel (ein Wecker wird im Raum versteckt und muss aufgrund des Tickens gefunden werden). Außerdem wurde spontan ein Gewitter imitiert, durch passende Geräusche-Materialien (Regenmacher, Alufolie, Trommel, Knallfolie, Taschenlampe, Küchenrolle,…).

Auch die zweite Einheit startet mit Übungen zum differenzierten Hören und Geräusche erzeugen: Stille Post, „Hör mal, wer da spricht“ (mit verbundenen Augen muss erraten werden, wer gerade spricht) und erneut das über den gesamten Projektverlauf beliebte „Tick-Tack-Spiel“ (Weckerspiel). Anschließend wurde die Hauptfigur der Geschichte – Fridolin, der Frosch – vorgestellt und gemeinsam mit den Kindern die Geschichte weiterentwickelt. Im Anschluss wurde überlegt, welche Geräusche mit der Geschichte verbunden sind (z. B. Fridolin kommt an einer Kirche vorbei = Man hört die Glocken läuten etc.).

Die dritte Einheit begann nach den üblichen Ritualen mit  Übungen zum Thema Stimme und Sprechen: „Mundakrobatik“ mit Olli Oberlippe, Ulli Unterlippe und Frau Zunge sowie das Sprechwürfel-Spiel, mit dem die Kinder lernen sollten mit verstellter Stimme in eine Rolle zu schlüpfen, z.B. wie eine ängstliche Maus zu piepsen. Anschließend wurden die Kinder an die Funktionsweise, die Bedienung und den Umgang mit den Easi-Speak-Aufnahmegeräten herangeführt und absolvierten erste eigene Aufnahmen, mit und ohne Unterstützung. Die Kinder hatten viel Spaß am Einsatz der Mikrofone, zeigten eine ausgeprägte Kreativität und lernten schnell.

In der darauf folgenden Einheit begannen die eigentlichen Aufnahmen für das Hörspiel, dabei wurde auf gerechte Verteilung der Sprecher- bzw. Geräuschemacher-Rollen geachtet. Hier wurde auch überlegt, wie man Geräusche, die man nicht natürlich aufnehmen kann, künstlich erzeugt (z.B. Bach = mit Gießkanne Wasser in Eimer laufen lassen).

Für die nächste Einheit mussten die Szeneninhalte und Sprechertexte geplant werden, die Kinder erhielten zu Erinnerung an ihre jeweilige Sprech-Rolle eine Bildkarte (z. B. mit der Abbildung des entsprechenden Bauernhoftieres etc.). Jetzt wurden die einzelnen Sprechrollen und Geräusche aufgenommen, entweder einzeln oder alle im Team.

In der letzten Einheit wurden die Kinder an die Arbeit mit dem kostenfreien Audioschnittprogramm Audacity herangeführt, zuvor wurden bereits die in den vorangegangen Einheiten aufgenommenen Geräusche und Sprechtexte in Audacity zu einer Hörgeschichte zusammengesetzt. Der Aufbau des Programms (Aufnahmetaste, Play, Stopp, Schere etc.) wurde gezeigt und eine mit einem Easi-Speak erzeugte Aufnahme angezeigt und gleichzeitig angehört: Die Schallkurven („Berge“) verändern sich, je nach Ton. Anschließend wurde die Aufnahme bearbeitet und dabei Effekte wie Hall und Echo demonstriert. Unpassende Geräuscheteile wurden herausgeschnitten. Danach wurden weitere Geräusche aufgenommen, mit Effekten bearbeitet und mit zeitlichen passenden Abständen zu einem Mini-Hörspiel verbunden, um den Kindern zu demonstrieren, wie ein Hörspiel entsteht. Im Anschluss daran wurde das eigene Hörspiel angehört und den Kindern feierlich ihre Urkunden als Geräuschemacher und Hördetektive überreicht. Jedes Kind und die Grundschule bekamen eine CD mit dem Hörspiel ausgehändigt, mit der Möglichkeit, es später noch einmal anzuhören oder weiter zu verwenden.

Fazit

Die Kinder waren sehr stolz auf ihr Werk und merkten, dass sie durch eigenes Tun etwas Tolles geschaffen haben! Dies wurde besonders beim gemeinsamen Anhören des Hörspiels deutlich („Das war ich!“, „Das Geräusch haben xy und ich gemacht!“,…). Gerade Kinder, die anfangs etwas zurückhaltend waren, haben gefragt, wann wieder ein Hörspielprojekt stattfindet. Auch das Feedback der Projektpartner war sehr positiv. Daher ist eine Anfrage an die Schule geplant, zu einem späteren Zeitpunkt erneut ein Hörspielprojekt oder ein ähnliches Medienprojekt durchzuführen. Der Einsatz der Easi- Speak- Mikrofone erwies sich für alle Kinder als ausgesprochen geeignet. Dass die eigenen erstellten Geräusche zu einem zusammenhängenden Hörspiel werden, ist für manche Kinder jedoch noch zu abstrakt, an diesen Zusammenhang müssten sie noch stärker herangeführt werden, z. B. durch Wiederholungen oder Visualisierungen. Die konkrete Arbeit mit Audacity eignet sich vom Umgang bzw. Verständnis her insgesamt eher für ältere Kinder, für das Aufzeigen von Effekten (z.B. Echo) oder einfacheren Elementen (z.B. Herausschneiden eines Tones oder Veränderung der Schallkurve durch besonders laute/leise Töne) ist es aber auch für jüngere oder eingeschränkte Kinder prima. Die Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum Rüsselsheim zeigt, wie gelungene Kooperation aussehen kann: Das Medienzentrum zeigte sich sehr interessiert an dem Projekt. Am 04. Juli 2015 veranstaltet es einen Fachtag zur inklusiven Medienbildung, auf dem das Projekt und der Einsatz von Easi-Speak-Mikrofonen im inklusiven Kontext vorgestellt wird.

5 Punkte, was bei der Planung beachtet werden sollte

  • Auf eine ausgeglichene und gemischte Gruppenverteilung achten (Charaktere sollten sich gut ergänzen).
  • Möglichst viele Projektpartner und Medienzentren anschreiben und ggf. Alternativen in Petto haben.
  • Mindestens eine, besser noch zwei weitere Person für die Durchführungsphase mit ins Boot holen.
  • Vorab einen Ablaufplan zur Orientierung machen (benötigte Materialien, geplante Inhalte, benötigtes Vor-/Fachwissen…).
  • Gute Vorbereitung und Planung ist die halbe Miete (sich dafür unbedingt Zeit nehmen und diese auch mit einrechnen!).

5 Punkte, was bei der Durchführung beachtet werden sollte

  • Es muss nicht „perfekt“ werden: Eigene Ansprüche, Erwartungen an sich und die Gruppe herunterschrauben, vor allem, wenn es um Kinder geht!
  • Flexibilität und spontane Umgestaltung des Ablaufs zulassen.
  • Jeder kann etwas gut und hat daran Freude. Daher unbedingt die eigene Persönlichkeit authentisch in die Gestaltung eines Projekts mit einbringen, nur so kann man Kindern Kreativität vermitteln.
  • Der Spaß und das Dazulernen ist wichtige als das Ergebnis: Deshalb Inhalte nicht zu voll packen und lieber weniger Punkte intensiv bearbeiten.
  • Nachhaltigkeit bedenken: Besteht eine Möglichkeit, später an das Projekt anzuknüpfen? Kann man das Projektergebnis vielleicht an anderer Stelle sinnvoll nutzen?

Weitere Infos

Ein besonders gutes Ideen-Repertoire für die Durchführung von Hörspielen bieten das Projekt Ohrenspitzer und die Webseite Auditorix.