Kleines Mädchen filmt Jungen mit Down Syndrom

Die Schwarzlichtreporter

Ein Gastbeitrag von Dorothea Schui

Im Frühjahr 2015 habe ich mit Kindern einen Theaterkurs für Schwarzlicht durchgeführt, bei dem erstmalig Mieke, ein Kind mit Downsyndrom teilgenommen hat. Damit die Teilnehmenden selbst sehen konnten, wie ihr Schwarzlichtspiel wirkt, habe ich mit dem Handy gefilmt und sie haben begeistert die Szenen angeschaut. Hieraus entstand die Idee, ein neues Projekt zu entwickeln, bei dem die Kinder die Experten für das Schwarzlichttheater sind, aber auch diejenigen sein werden, die filmen und die Medienkompetenz erwerben, um Drehbuch, Aufnahme und Schnitt durchzuführen. Ich möchte das Experiment wagen und es als inklusives Medienprojekt anbieten. Alle Kinder und Jugendlichen sollen mit ihren Fähigkeiten und auf ihre Weise teilhaben an der Entstehung des Films, Mieke genauso selbstverständlich wie die anderen Kinder. Das Endprodukt Film wird eine Gemeinschaftsleistung der Gruppe werden.

Beim InterviewDrei Monate später hat die Idee Gestalt angenommen und genau zur richtigen Zeit bekomme ich die Zusage von Nimm 3.0, dass ich ein Coaching durch Inklusions-Scout Selma Brand erhalte. Prima, das gibt mir zusätzlich Schwung. An einem Vormittag bespricht Frau Brand vor Ort mit mir die Rahmenbedingungen, die Zusammensetzung und Größe der Gruppe, das Ziel und wie es umgesetzt werden kann. Technische und inhaltliche Beratung ergänzen unser Gespräch. Ganz wichtig ist die Bestärkung durch Frau Brand, auf die Zusammensetzung der Gruppe zu achten und die Kinder bzw die Eltern gezielt anzusprechen. Zwei Kinder mit Downsyndrom, vier weitere Kinder im Grundschulalter und drei Jugendliche werden teilnehmen, dazu ich als Leitung. Das zweite Kind mit Downsyndrom lerne ich bei einem Besuch der Familie kennen, die anderen Kinder kenne ich schon aus meiner Kinder- und Jugendarbeit. Wir freuen uns alle auf die Herbstferienwoche, in der wir uns an 5 Tagen von 10-14 Uhr treffen werden. Gemeinsames Mittagessen inklusive, die Mütter versorgen uns abwechselnd mit einem leckeren Imbiss.

Beim BastelnMontagmorgen: der Einstieg mit Papierrolle, Stiften und Schere zum “ Film drehen“ und „schneiden“ kommt bei allen gut an. Die Rolle wird bemalt, geschnitten und neu zusammengeklebt, dabei lernen sich alle mit Namen kennen und arbeiten schon zusammen. Ran an die Kamera, jedes Kind stellt sich vor der Kamera vor und filmt anschließend jemand anderen aus der Gruppe. Essen und Spielen sind genauso wichtig, wie das Filmen und wir nutzen die Zeiten in denen gespielt oder ausgeruht wird, um Material auf den Computer zu übertragen. Die gedrehten Videos, zum Teil schon geschnitten, werden vor dem Abholen gemeinsam angeschaut. Alle sind zufrieden und glücklich. Am nächsten Tag sind alle Kinder hoch motiviert. Es werden sehr konzentriert Interviewbeiträge aufgezeichnet. Mieke und Arne präsentieren was ihnen wichtig ist nicht in gesprochenen Sätzen. Sie zeigen sehr anschaulich, was ihr weißer Zylinder so alles kann und am Ende gibt es von allen Kindern einen interessanten Beitrag.

Beim FilmanschauenNach zwei Tagen intensiver Arbeit macht sich am dritten Tag ein kleiner Durchhänger bemerkbar. Spiel und individuelles Arbeiten stehen im Vordergrund. Die Redaktionssitzung bringt aber wieder alle an einen Tisch. Zu den Interviews, die gestern gedreht wurden, planen wir passende Schwarzlichtszenen. Es wird vereinbart, dass alle, die beim Filmen gerade nicht im Einsatz sind, in einem anderen Raum spielen oder ausruhen können. Ich bin froh, mit drei Jugendlichen ausreichend Hilfe und Unterstützung zu haben. Die Gruppengröße ist überschaubar, das Verhältnis von zwei Kindern mit Behinderung zu vier Kindern erweist sich als sehr gut. Am vierten Tag sind wir schon ein eingespieltes Team. Zwei Kinder sind begeistert von Stop-Trick-Aufnahmen. Sie drehen ohne weitere Hilfe einen eigenen kleinen Extrafilm. Darin zaubern sie mit Bechern, die auf Klatschen hin die Farbe wechseln, oder verschwinden.

InterviewAm letzten Tag steigt die Aufregung, denn um 14 Uhr gibt es die Filmpremiere für die Eltern und Gäste, die per selbstgemalter Kinokarte eingeladen wurden. Arne ist etwas erschöpft und braucht 1:1 Betreuung. Damit muss man immer rechnen, bei einem inklusiven Projekt. Gut, dass Andreas bereit ist, ausdauernd Mensch-Ärger-Dich-Nicht mit ihm zu spielen, während die anderen die Vorbereitungen treffen und Katrin den Abspann auf dem Computer zusammenschneidet. Die Präsentation ist ein voller Erfolg. Stolz genießt die Filmcrew ihren üppigen Applaus. Ich genieße auch den Applaus und das Gefühl, dass wir alle eine tolle Woche mit viel Spaß erlebt haben, bei der alle voneinander profitiert haben. Die Zeitstruktur und Gruppenzusammensetzung empfand ich als genau richtig und würde diese für ein neues Projekt übernehmen. Wichtig für das Gelingen war die gut strukturierte Vorbereitung, das großzügige Einplanen von Spiel und Pausen, Vorgespräche mit den Jugendlichen und das Kennenlernen der Kinder mit Behinderung schon vor dem Projektstart. Das nächste inklusive Medienprojekt kommt bestimmt, vielleicht sind die Kinder dann „Die Kochtopfgucker“ und filmen, wie ein leckeres Gericht zubereitet wird?

Infos zur Autorin

  • Dorothea Schui, 51 Jahre alt
  • Jugendreferentin der Evangelischen Kirchengemeinde Herzogenrath
  • seit mehr als 20 Jahren in der Jugendarbeit tätig