„3 Highlights? Wir haben hier mehr…“

Das „Cafe Leichtsinn“ in Bergisch-Gladbach

„Inklusion entsteht, wenn man sie geht“ – so ähnlich könnte in Abwandlung des bekannten chinesischen Sprichworts das Motto des „Cafe Leichtsinn“ in Bergisch-Gladbach lauten. Seit 2010 die ersten jungen Menschen mit Behinderung im Café kegelten und anschließend blieben, hat es sich herumgesprochen: Das „Leichtsinn“ ist ein guter Ort für alle jungen Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung.

Ausgehend von der Vielfalt seiner Besucherinnen und Besucher, hat sich das „Leichtsinn“-Team rund um Einrichtungsleiterin Anne Skribbe Gedanken gemacht, wie Inklusion vollständig und nachhaltig umgesetzt werden kann. Unter dem Titel „Entdecken, erleben, teilhaben – Inklusion in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) in ganz Bergisch-Gladbach gestalten!“ läuft seit dem 1. Juni 2013 ein vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) gefördertes, 3jähriges Modellprojekt. Ziel des Projekts ist, durch inklusive Kulturen, Strukturen und Prozesse neue Lebensqualität für alle Heranwachsenden zu schaffen. Kooperationspartner sind die Lebenshilfe e. V. Rösrath/ Köln Porz und das Jugendamt Bergisch-Gladbach. Kernstück des Projekts ist ein buntes Team aus haupt- und ehrenamtlich Tätigen, Praktikanten und FSJlern, Besuchern und Betreuern, Menschen mit und ohne Behinderung und vier weitere Einrichtungen aus Bergisch-Gladbach, die gemeinsam den Inklusionsprozess ins (Weiter-)Rollen bringen wollen.

Welchen Beitrag Medien dabei leisten können, zeigt auch das Radio-Projekt von Katharina Kaul. Die Sozialpädagogin absolvierte im „Leichtsinn“ ihr Praxissemester und führte dabei ein Radio-Projekt zum Thema „Inklusion“ durch. An drei Wochenenden wurde intensiv Radio gemacht: vom Aussuchen des Themas über Interviews bis hin zu Schnitt, Musik, Moderation. Neben der wirklich gelungenen Sendung war laut Anne Skribbe die Begegnung zwischen den jungen Leuten das Beste, was im „Cafe Leichtsinn“ bislang in Sachen Inklusion erlebt wurde:

„Das Radioprojekt war ideal dazu. […] Am Ende des Prozesses hatten alle profitiert: Nicht nur Technik und Radio machen wurde gelernt, sondern auch ein Miteinander ohne falsches Mitleid. So mussten zwei Projektteilnehmer einsehen, dass sie mit der Aufgabe, die Sendung zu moderieren, überfordert waren. Gemeinsam wurde überlegt, welchen anderen Verantwortungsbereich sie übernehmen wollten. Das klappte ausgezeichnet!“

Wer mehr wissen will über das Projekt, fragt im „Cafe Leichtsinn“ nach oder wendet sich direkt an Katharina Kaul (katharina.kaul[at]kja.de).

Wie „Partizipation“ und „Inklusion“ im „Cafe Leichtsinn“ ganz praktisch gelebt werden, zeigt das Ehrenamtler-Team, in dem auch Jutta, Katharina und Tom mitwirken. Die drei leben mit einer geistigen Behinderung und werden durch das Unterstützungsprojekt des Cafés für junge Ehrenamtler mit Behinderung gefördert, müssen aber genau wie die anderen Ehrenamtler auch am Wochenende „ran“, um das Café an den Abenden zu betreiben. Das Team erhielt 2012 den 1. Preis in der Kategorie „Junges Ehrenamt“ der Sozialstiftung der Caritas, Impressionen dazu kann man sich auf Facebook unter dem Stichwort „Elisabeth-Preis“ anschauen.

Das Ehrenamtler-Team mixt nicht nur an den „normalen“ Wochenenden im Leichtsinn die Getränke: Jeden ersten Samstag im Monat ist Disco-Time! Mittlerweile kommen dazu auch viele junge Menschen im Rollstuhl. Von der tollen Stimmung im Leichtsinn konnte sich auch Kai Pflaume überzeugen. Der Moderator hat für seine Doku „Zeig mir deine Welt“, in der er junge Menschen mit Down Syndrom durch ihren Alltag begleitet, auch Tom Auweiler aus dem Ehrenamtler-Team porträtiert. Alle Teile der Serie finden sich in der Mediathek der ARD, Tom und seine „Schicht“ im „Cafe Leichtsinn“ wird in Folge Drei, ca. ab Minute 12:25 gezeigt. 

„Cola ausgeben und spielen – das kann ja jeder!“

Was „Inklusion“ für das Café bedeutet, hat Katharina Kaul für die Zeitschrift „Interna“ der Katholischen Jugendagentur gGmbh, dem Träger des Leichtsinn einmal so beschrieben:

„Inklusion bedeutet, dass ich das Leiterspiel spiele, dass ich aber auch nach dem 5. Durchgang sagen kann, dass ich kein 6. Mal mehr spielen möchte. […] Wir tauschen das „Mensch-ärgere-dich-nicht“ gegen eines mit magnetischen großen Holzfiguren, und sehen, dass unser Gedanke funktioniert, dass alle gemeinsam damit spielen können, weil nicht mehr bei jedem Würfeln die Püppchen durcheinander fliegen. […] Wir jonglieren permanent mit Finanzbudgets, Mitarbeiterfragen, Werbeartikeln, Umbaumaßnahmen und der Espresso-Nachlieferung, wissenschaftlichen Fragestellungen zum Thema Inklusion und offener Jugendarbeit, Website-Aktualisierungen und der Frage, warum ausgerechnet die Lieblingspizza heute aus ist […]. Wir sehen, dass wir auf einem guten Weg sind, dass wir viel richtig machen. Wir sehen, dass sich eine Gruppe geistig behinderter Jugendlicher bei uns so wohl fühlt, dass sie ihren regelmäßigen Treffpunkt zu uns verlegen, während am Nebentisch vier junge Mädchen ihre Jungs-Geschichten austauschen und ein Jugendlicher einem neuen, jungen und behinderten Gast Billardspielen beibringt. Das alles und noch viel mehr passiert auf Grund unserer Arbeit, während wir Cola ausgeben und Spiele spielen. Und das kann eben nicht jeder!“

Das „Cafe Leichtsinn“:

  • …gibt es seit 2003, Träger ist die Katholische Jugendagentur gGmbH Leverkusen Rhein-Berg Oberberg (www.kja-lro.de)
  • …hat Platz für 30 – 50 junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren
  • …ist ein offener Treff mit vielen kostenlosen Spiel- und Freizeitmöglichkeiten (z. B. Gesellschaftsspiele, Kicker, Billard, 2 Internetterminals) sowie jeder Menge leckerem Essen und Getränken
  • …bietet wechselnde Aktionen und Angebote wie Film-, Schwarzlicht- und Fußballabende, Cocktailworkshops, Kochen, Kegeln, Theater, Tanz, Kreatives und und und…
  • …freut sich, wenn seine Besucher/innen sich mit einbringe: Durch Ideen, Vorschläge und durch Übernahme von Aufgaben als Ehrenamtler!

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